Leben in La Faye ʕ•ᴥ•ʔ

Es war ein wunderbarer Wintertag. Wie so oft saß die Elefantendame Eleonore auf der Bank, die Bürgermeisterin Nina bauen ließ. Ein paar Sternis hatte auch Eleonore gespendet.
Doch der Großteil war und wird immer an der Bürgermeisterin hängen bleiben. Auch wenn diese sich bis jetzt noch nie darüber beschwert hatte. Als Eleonore kurz von ihrem Buch aufsah, erkannte sie eine Person in der Ferne. Blaue Haare, dass musste Nina sein. Was sie wohl wieder machte?
Ein Lächeln erschien auf Eleonores Gesicht als sie daran dachte, wie die Bürgermeisterin vor ein paar Tagen eingebrochen ist. Hinter einem Busch war die Erde weich gewesen und sie musste sich minutenlang damit abmühen aus dem Loch zu kommen.
Die Elefantendame hatte Boris geholt und der holte Nina schließlich aus dem Loch. Der brummige Tiger verstand sich zum Glück ziemlich gut mit der Bürgermeisterin. Die anderen Bewohner La Fayes begrüßte er nie so freundlich wie sie.
„Ist hier noch frei?“, holte eine Stimme Eleonore aus ihren Gedanken. Sie blickte zur Seite und sah Wolfgang. Heute trug er ein grünes "Team Bisasam"-Shirt. Ein Design der Bürgermeisterin. Wenn sie es sich leisten könnte, würde auch Eleonore eines kaufen. Allerdings fand sie Glumanda besser. Die Elefantendame nickte Wolfgang zu.
„Solange hier niemand sitzt, ist frei.“ Kaum hatte sie ausgesprochen, ließ der Wolf sich neben ihr nieder. Mit einem Seufzen schloss er die Augen und ließ sich die Sonne auf seinen Pelz scheinen. Ohne weiter auf ihre Umgebung zu achten, widmete sich Eleonore wieder ihrem Buch.
Es war eines ihrer Lieblingsbücher und obwohl sie es schon dutzende Male gelesen hatte, konnte sie es immer noch aufschlagen und von neuem darin versinken. Es war außerdem eines der Bücher, die die Zeit vergessen ließen.
„Sag mal, was liest du da eigentlich?“ Die Elefantendame schreckte hoch und blickte zu Wolfgang hinüber. Der hatte ein Auge geöffnet und sah sie neugierig an.
„Der Titel wird dir nichts sagen“, begann Eleonore, „aber das Buch erzählt von einem Dichter, der Liebesgedichte für andere schreibt, die es nicht können. Einmal geht der Brief unabsichtlich an den Bruder eines Auftraggebers und der sucht nun die Person, die die Gedichte schreibt. Er weiß schließlich, dass sein Bruder nicht dichten kann. Zum Ende hin kommt dann eben raus, wer der Verlobten des Auftraggebers die Gedichte schreibt und so. Es ist eine ziemlich witzige Geschichte.“
Als Eleonore geendet hatte, fiel ihr wieder auf, dass sie zu plappern angefangen hatte. Genau deswegen mieden viele Leute sie. Sie war die Eigenbrötlerin, diejenige, die alleine zurechtkommt und lieber in der Ecke sitzt und liest, anstatt sich wie die anderen zu betrinken. Schüchtern senkte sie den Kopf und starrte auf den Einband des Buches.
„Liebesgedichte, hm?“, hörte Eleonore Wolfgang murmeln.

„Weil ich dich liebe, bin ich des Nachts
So wild und flüsternd zu dir gekommen,
Und dass du mich nimmer vergessen kannst,
Hab ich deine Seele mitgenommen.

Sie ist nun bei mir und gehört mir ganz
Im Guten und auch im Bösen;
Von meiner wilden, brennenden Liebe
Kann dich kein Engel erlösen.“(1)

Überrascht wendete sich Eleonore zu Wolfgang. Der lächelte sie an.
„Ein paar Gedichte kenne ich. Auch wenn sie nur von Hermann Hesse sind.“ Eleonore schüttelte den Kopf.
„Nein, es ist nur… Ich dachte, ich bin die Einzige in La Faye, die Gedichte mag.“ Ihre Aussage brachte Wolfgang zum Lachen.
„Dann weißt du es jetzt besser. Dürfte ich mir das Buch einmal ausborgen. Ich habe schon lange nichts mehr gelesen.“ Mit einem Kopfnicken deutete er auf das Buch in Eleonores Händen. Die Elefantendame lächelte als sie es dem Wolf gab.
„Lass mich wissen, wie du es findest. Es ist eine ziemlich lustige Geschichte.“ Aus der Ferne konnte man die Uhr des Rathauses 18 Uhr schlagen hören.
„Ich muss gehen, aber spätestens wenn ich dir das Buch zurückbringe, sehe ich dich wieder.“ Mit diesen Worten stand Wolfgang auf und machte sich auf den Weg nach Hause.


(1) Gedicht: Hermann Hesse; Weil ich dich liebe