Ein Leben in Reveria (Storyspoiler)

Tag 97

Was für eine Nacht. Yuelia hatte einen komischen Traum und als Ergebnis mich die ganze Nacht wachgehalten. Ich bin sooo müde.

Jedenfalls war heute morgen kein Brief da, sondern Meg kam vorbei und bat uns, sie in einem ruhigen Moment mal zu besuchen. Sie bräuchte Hilfe. Natürlich sind wir beide sofort mitgegangen.

Meg bat uns darum, doch mal in ihrem Lager nach dem Rechten zu sehen. Dort gäbe es wohl Mäuse und sie hätte furchtbare Angst vor Mäusen. Kein Problem. Wir schauten sofort nach.

Das Lager war voll von tollen Gegenständen: Eine komische Tür, die mitten im Raum stand. Eine hässliche Puppe, die Yuelia seltsamerweise total süss fand. Bücher. Kleidungsstücke. Irgendwie toll. Yuelia wollte sofort etwas davon als Belohnung für unsere Arbeit. Sie wird nicht gierig, sie ist es inzwischen. Das Männschön-Dasein korrumpiert, wie Pino sagen würde.

Nachdem wir keine Mäuse fanden, gingen wir zu Meg. Diese ganzen Sachen stammen anscheinend von ihrem Großvater und sind Andenken an seine Abenteuer mit Hohenstein.Opa muss ein beeindruckender Mann sein. Er hat sich aber anscheinend schon ewig nicht mehr sehen lassen. Ich hoffe für Meg, dass es ihm gut geht.

Als wir aus dem Haus von Meg kamen, rannten wir den Rüpeln über den Weg. Ich meine, Pierre und Butch und Mampfi. Die zwei haben sich wirklich geändert. Yuelia, Plapperling wie eh und je, erzählte sofort alles. Und Pierre konnte uns einen großartigen Ratschlag geben.

Meg hatte immer nur Nachts Geräusche gehört. Wir sollten daher nachts wieder kommten, um den Einbrecher zu schnappen. Gute Idee! Und ich habe sogar darauf verzichtet, genauer nachzufragen, woher sie das wissen.

Ich werde mich noch eine Stunde aufs Ohr legen. Ich habe den Eindruck, dass ich die Nacht durchmachen werde. Bis später, liebes Tagebuch.

Tag 97 Nachts und Tag 98

Liebes Tagebuch,

gut, dass ich mein Nickerchen gemacht hatte. Yuelia als fauler Flatterling und ich gingen zu Megs Lager und hörten auch sofort ein verdächtiges Gerumpel.

Als wir eintraten, rannte die Puppe, von der ich vorhin geschrieben hatte, gegen die Tür. Wieder und wieder. Autsch. Das muss doch wehtun. Yuelia sah natürlich nur das "süsse Püppchen", quietschte vor Begeisterung und erschreckte das arme Ding, dass sofort in eine Ecke rannte und sich tot stellte.

Gut, ich muss zugeben, vielleicht hätte sie genauso reagiert, wenn ich sie vorsichtiger angesprochen hätte.

Jedenfalls gingen wir zu der Puppe, die aber eine furchtbare Angst haben musste. Ich machte den Mund auf, um beruhigend auf sie einzureden, als sie aufsprang und aus dem Lager rannte. Ich Dummmerjan hatte vergessen, die Tür zu schliessen.

Gleich danach schrie Meg auf und wir hörten ein Scheppern. Als wir in ihr Haus rannten, sahen wir sie und die Puppe, die bewusstlos vor ihr lag. Entweder bin ich nicht der einzige Dummerjan in Kastell oder es war der Tag der offenen Türen und mir hatte keiner etwas gesagt.

Jedenfalls kam die Puppe wieder zu sich und war jetzt deutlich ruhiger. Sie heisst "Dogu" und sie schien Meg mit einer "Louisa" zu verwechseln. Vielleicht hat Meg ja nicht nur einen verschollenen Opa, sondern auch eine verschollene Schwester? Wie Dogu in das Lager gekommen ist, konnte er uns aber nicht erzählen. Überhaupt ist sein Wortschatz recht einseitig. "Dogu" "Louisa". Ich werde mal versuchen, ihm "Danny" beizubringen.

Während wir noch rätselten, kam ein Paladin hinein. Yuelia und ich sollten sofort zu Hugo kommen. Also los. Dogu nahmen wir einfach mal mit.

Vor dem Palast verwandelte sich Yuelia endlich. Dogu war ganz aus dem Häuschen. Er hielt sie für die Göttin, Celestia. Er lebt wohl in einer Welt von Doppelgängern. Ich muss übrigens mal sagen, dass ich mich schon etwas ärgere, dass Yuelia bei mir dauernd den fußlahmen Schmetterling mimt, aber bei Besuchen im Schloß sofort ihre wahre Gestalt annimmt.

Ja, liebes Tagebuch, ich weiss, was ich über Platz und Essen gesagt habe, aber trotzdem! Es muss doch nicht dauernd sein.

Im Thronsaal wartete schon die ganze Bande. Sogar Noelia mit Pelzlingsfreund war da. Frag mich nicht, was sie hier zu suchen haben. Nicht, dass ich mich nicht freute, sie zu sehen. Aber Papa Divinus nimmt es mit der Trennung Lunaria/Reveria offensichtlich nicht zu genau. Und frag mich auch nicht, wie sie hin- und her reist. Vielleicht gibt es ja Tochterschiffe der Göttin. Tochterschiffe, hihi.

Jedenfalls bot uns Hugo sofort das Hugi an. Die Anrede "Professor" sei unter Freunden doch zu formell. Igitt. Ich bleibe bei Hugo, wenn ich darf.

Hugo fragte uns jedenfalls nach der sogenannten "Ursprungsinsel". Insel. Aha. Da haben sich wohl wieder einige ohne mein Wissen abgesprochen. Diese Insel sei wohl die Heimat der Pelzlinge. Yuelia und ich schüttelten den Kopf, aber Noelia hatte mal ihren Vater im Schlaf davon reden hören. Er weigerte sich aber wohl, etwas dazu sagen.

Hohenstein hätte ein Buch mit einer seltsamen Zeichnung, die Menschen, Pelzlinge und einen lächelnden Gott zeigt. In der Mitte der Zeichnung sei eine seltsame Puppe. Hugo beschrieb sie. Die Beschreibung passte perfekt auf Dogu. Ich musste auch nur bis 57 zählen, bis es jemandem auffiel.

Manchmal hat es seine Vorteile, als der schweigsame Typ zu gelten. Ich kann mir mein (nicht sehr schmeichelhaftes) Teil denken, ohne dass es die Umgebung merkt.

Am Ende erhielten wir dann den - TADAAAA - offiziellen königlichen Auftrag zu Divinus zu reisen und mehr zu erfahren. Und los, auf zum Urforst. Schlafen? Was ist das.

Jedenfalls sind wir beim Schiff angekommen und ich überlasse die Steuerung den Schwestern. Ich bin nicht göttlicher Abstammung und brauche mein Nickerchen.

Gute Nacht, liebes Tagebuch.

Tag 99

Liebes Tagebuch,

man kann mir erzählen, was man möchte, aber Yuelia ist die Tochter ihres Vaters. Beide sind miserable Lügner.

Sie fragte Papa Divinus nach dieser Ursprungsinsel. Der erschrak zwar sichtlich, aber stritt alles ab und versuchte abzulenken. Vergeblich. Zum Einen erkannte er Dogu, zum Anderen liess Noelia sich nicht mit Ausreden abspeisen. Kluges Mädchen. Und so hübsch.

Jedenfalls ist diese Insel tatsächlich der Geburtsort der Pelzlinge. Divinus war dort öfter zu Besuch und brachte den Pelzlingen das Handwerk bei. Nicht so einfach, bei ihren Pfoten.

Und als die Menschen auch etwas lernen wollten, brachte er ihnen bei, die Macht der Geister zu nutzen. Magie. Aha.

Noelia versuchte ihm auch die Zeichnung unterzuschieben, aber das bestritt er energisch. Ausserdem hätte er keinen Einfluß mehr auf die Insel. Die hätte er seiner Frau überlassen. Die weg ist. Herr Gott, sehr hilfreich.

Schliesslich fiel ihm aber noch ein, dass er einmal einen geheimen Weg erschaffen hätte. Eine Tür. Die hätte er aber während eines Frühjahrsputzes verloren. Na, wenigstens etwas. Und ich ahnte sofort, welche Tür er meinte, auch wenn seine Aussage erst wieder einmal grosses Geplapper hervorrief.

Yuelia und Noelia können die Tür wohl mit vereinten Kräften öffnen. Sehr schön.

Und mich fragte er auch gleich, ob ich mich nicht fortbilden möchte. Auf eine Antwort wartete er natürlich nicht. Bumm. Blitz. Und ich hatte das Gefühl, dass ich noch viel Arbeit vor mir habe. Na, Danke.

Jedenfalls fliegen wir gerade wieder zurück nach Reveria. Und wenn wir uns beeilen, schaffen wir es vielleicht sogar bis morgen früh nach Kastell zurück.

Gute Nacht, liebes Tagebuch.

Tag 100

Liebes Tagebuch.

Weniger Aufregung und mehr Festessen. Das wäre mein Vorschlag für das 100tägige Jubiläum meiner Abenteurerkarriere gewesen. Aber das kennt man ja schon, dass das nichts wird.

Der magische Spruch, mit dem die Tür geöffnet werden kann, heisst "Mohnsamen, öffne dich." Furchtbar. Wie wäre es mit etwas Geheimnisvollerem? Abrakadabra? Simsalabim? Bummpumuckelbautz? Aber irgendwie passend zum Erschaffer.

Yuelia und Noelia konnten mit ihm tatsächlich die Tür öffnen. Anschliessend wurde Yuelia wieder zum Flatterling. Und Noelia? Die behielt ihre wahre Gestalt, anstatt sich vom Pelzling oder mir faul tragen zu lassen. Sie sagte es sogar, aber ich glaube nicht, dass das viel Eindruck auf Yuelia machte. Und dann ging es durch die Tür.

Dahinter sahen wir gleich einen Mann, der sofort panisch davon rannte und nach "Leo" schrie. Noelia und ich schauten uns an und schüttelten nur den Kopf. Danach verliess sie uns leider mit dem Pelzling. Sie wolle etwas Bestimmtes suchen, meinte sie. Dabei hätten wir das doch gemeinsam machen können.

Jedenfalls liefen wir eine Weile ziellos herum, suchten eine friedliche Grasebene ab, pflückten Früchte und liessen es uns erst einmal gut gehen. Die Früchte waren übrigens richtig lecker. Mir fiel erst im Nachhinein ein, dass nicht alles Obst essbar ist. Dieses Mal hatte ich aber Glück.

Schliesslich hörten wir Stimmen und gingen in ihre Richtung. Ein Mädchen sang etwas in einer seltsamen Sprache und Männer in der gleichen Bewaffnung, wie der Angsthase, hielten Wache. Ich überspringe das resultierende Chaos erst einmal.

"Leo" kam endlich. Anscheinend ein Jäger, wie ich. Zumindest trug er Pfeil und Bogen. Er kannte jedenfalls Dogu. Das war gut. Aber Reveria kannte er nicht. Das war nicht gut.

Das Mädchen, kam dazu und stellte sich als "Graciella" eine Maid des Schreines vor. Sie war ganz aufgeregt und wollte mehr über Reveria und uns wissen. Reveria bedeutet in der Sprache dieses Volkes übrigens "Flauschiges Bettuch".

Leo war nicht so glücklich über Graciellas Interesse und die beiden zankten lautstark. Anscheinend gibt es auf der Insel eine Prophezeihung, dass etwas ganz Böses passiert, wenn jemand sie verlässt. Das klingt nicht gut.

Der Streit endete damit, dass Graciella anfing zu heulen und Leo klein beigab. Ich kann es verstehen. Das war ja sogar für mich als Fremden peinlich. Yuelia war natürlich ganz Verständnis.

Leo schickte uns zum Ältesten im Waldschrein, wo wir uns den Segen des Ältesten abholen sollten.

Graciella führte uns dorthin. Eine ziemliche Strecke, aber die Landschaft der Insel ist wirklich schön. Ich würde sie gerne genauer erkunden.

Vor unserem Ziel wurden wir von einem gewaltigen Gestank empfangen. Thermalquellen, erklärte Graciella uns. Ein beliebtes Ziel für Badende und wohl sehr gesund. Hm. Ich habe meine Zweifel. Ich werfe Eier weg, die so riechen.

Graciellas Großvater nahm gerade ein Bad. Gut, dass er wenigstens eine Badehose anhatte! Er dankte uns für unsere Hilfe dabei, Dogu heimzubringen und schickte uns dann weg, damit wir selber ein Bad nehmen.

Nun ja, wenn in Puerto, tu, wie die Piraten tun. Also: Raus aus der Kleidung, rein in das überraschend angenehme Wasser. Wenn da nur nicht dieser Gestank wäre, könnte ich mich daran gewöhnen.

Aus der sicheren Entfernung hörten wir Gracialla und ihren Großvater streiten. Ich hätte sie das ja unter sich austragen lassen, wenn da nicht Megs verschollene Schwester aufgetaucht wäre. Louisa ist ja eigentlich keine Schwester, aber sie sehen sich wirklich ähnlich und verhalten sich sogar so.

Louisa zerrte uns jedenfalls zu den Streithähnen und nahm sich beide zur Brust. Dabei stellte sich übrigens heraus, dass Yuelias Name sowohl Louisa als auch dem Großvater bekannt ist. Aber beide stritten das ab. Also bitte, wenn ich auf die Taktik schon bei Divinus nicht hereingefallen bin...

Aber gut, der Zank ging weiter und Graciella rannte beleidigt weg. Louisa scheuchte uns mit Dogu hinterher zu einer Meeresgrotte.

Diese Grotte war von lauter Pelzlingen bevölkert. Ein rosafarbener führte uns schliesslich zu Graciella, die weiter draussen stand und aufs Meer hinaus starrte. Sie wolle doch nur die weite Welt sehen. Yuelia bot sofort meine Hilfe an. Sobald wir Noelia gefunden hätten. 

Ich bestand darauf, wenigstens etwas Essen zu dürfen. Glücklicherweise waren alle damit einverstanden und danach war Graciella so von ihren Weinkrämpfen erschöpft, dass sie sich überreden liess, in der Grotte zu übernachten.

Es gab Krabbenragout mit Nusspürree. Sehr exotisch, aber lecker.

Gute Nacht, liebes Tagebuch.

Tag 101-103


Liebes Tagebuch, die Suche nach Noelia gestaltete sich recht langwierig. Hätte das Mädchen nicht wenigstens sagen können, wohin sie wollte? Glücklicherweise erzählte Graciella, während wir herumirrten, von einem Turm der Göttin. Männliche Intuition sagte mir sofort, dass Noelia dorthin wollte.

Und sie stand dann auch tatsächlich in der Nähe vom Eingang und schmollte. Anscheinend durfte sie nicht hinein. Ich wollte sie ja fragen, warum sie nicht einfach als Schmetterling hineinflatterte, aber dann hätte sie ihren Pelzlingfreund nicht mitnehmen können. Ich habe mir die Frage also verkniffen. Nicht, dass ich bei ihrer Tirade zu Wort gekommen wäre.

Schliesslich beruhigte sie sich und beschloss, mitsamt Pelzling die Grotte zu besuchen. Gute Idee. Der arme Kerl kannte keine anderen Pelzlinge. Jetzt würde mich interessieren, wo und wie er aufgewachsen ist, aber da ich kein Pelzösisch kann, wird das wohl ein Rätsel bleiben.

Yuelia hatte sich während der Unterhaltung wieder verwandelt und Dogu war drüber ganz aus dem Häuschen. Ich verstehe den Burschen nicht.

Jedenfalls beschloss Yuelia, Graciella und Dogu Reveria zu zeigen. Ich war nicht wirklich überzeugt. War da nicht etwas von einer Prophezeihung? Aber ich wurde überstimmt.

Also brachen wir vier, Yuelia wieder ein fauler Flatterling, auf und besuchten die verschiedenen Reiche. Ich werde mich auf das nötigste beschränken.

Kastell: Erik war niedlich (sagte Graciella), Hugo war neugierig (sagte Erik). Erik wollte ein Andenken verschenken, was Yuelia sofort auf sich bezog. Glücklicherweise hatte er zwei, also haben sowohl Graciella, als auch Yuelia eins bekommen. Dogu bekam nichts und ich bekam die Rolle als Packesel.

Puerto: Olivia hatte schon von der Insel gehört. Anscheinend träumt jeder Pirat davon, einmal dorthin zu segeln. Vielleicht schaffen sie es ja einmal. Oder ich nehme sie mit und wir gehen durch die Tür dorthin. Ihr Vater verteilte Geschenke. Ich muss dir vermutlich nicht erklären, wie das ablief. Genau. Wie in Kastell.

Al Maajik: Dimona fragte Graciella sofort genau aus. Anscheinend sucht sie eine geeignete Braut für Daemon, dem das sichtbar peinlich ist. Endlich konnte der alle mit dem Verteilen von Geschenken ablenken. Daemon kennt Yuelia anscheinend schon oder er wurde von Erik oder Ahab gewarnt. Er hatte gleich zwei Geschenke zur Hand. Amüsante Randnote: Graciella hielt Oden für eine Statue.

Graciella hatte mehr und mehr Heimweh. Ich fragte mich nach dem Besuch in Al Maajik wirklich, ob wir sie nicht heimbringen sollten. Aber nein: Es muss ganz Reveria sein.

Urforst: Danuta hatte schon von der Insel gehört. Anscheinend hatte Celestia ihm öfter davon erzählt. Sie kam wohl ursprünglich von der Insel. Das würde auch erklären, warum Divinus ihr die Insel überlassen hatte. Piro hatte noch ein Geschenk für Graciella. Glücklicherweise hatte Leilah auch eins für Yuelia. War das peinlich, wie dieser Schmetterling bettelte. Und sie beschwerte sich über die selbstsüchtigen Wünsche der Menschen?

Und natürlich konnten wir auch Lunares nicht auslassen. Graciella fragte Divinus nach der Prophezeihung aus, aber der lenkte geschickt mit einem Andenken ab. Sogar Yuelia, die erst ziemlich wütend war und dann über Papas Taktiken in Tränen ausbrach,  liess sich dadurch beschwichtigen.

Dogu benahm sich am Ende mehr als seltsam. Yuelias Gefühlsausbrüche schienen ihn ziemlich mitzunehmen. Ich frage mich, warum.

Jedenfalls gingen Graciella und Dogu mit Divinus Hilfe nach Hause, während Yuelia und ich das Schiff nehmen durfen.

Endlich etwas Ruhe. Ich hatte heute sogar noch Zeit, ein paar neue Kochrezepte von der Insel ausprobieren zu dürfen. Ich frage mich nur, wo ich die Fleischsorten herbekommen soll. Vielleicht kann ich mit Rindfleisch schummeln. Mal sehen.

Gute Nacht, liebes Tagebuch.

Tag 104

Gestern servierte Yuelia zum Abendessen als Dessert wieder einen ihrer prophetischen Wünsche: Sie fände es toll, wenn etwas Romantisches passieren würde. 

Mein Gedanke: vielleicht besuchen mich ja Olivia oder Noelia, während Yuelia spazieren geht. Aber ich bezweifle, dass ich soviel Glück habe.

Und ich behielt natürlich Recht. Meg rief uns, weil wieder etwas im Lager polterte.

Dieses Mal war es Peachy, der rosane Pelzling, der vor der Tür stand. Wir sollten sofort zur Insel kommen. Dort wurden wir auch gleich von Noelia empfangen. Anscheinend herrscht auf der Insel plötzlich die blanke Panik. Steinriesen laufen Amok und das uralte Unheil ist losgebrochen. Auf der ganzen Insel sei ewige Nacht. Schon wieder? Hatten wir das nicht gerade?

Wieder übernahm sie das Kommando und schickte mich uns zum Turm. Sie selber hätte etwas in Reveria zu erledigen. Jaja, immer auf die Kleinen.

Vor dem Turm erzählten uns drei Krieger, dass Graciella im Turm sei. Ich nenne sie nur deshalb Krieger, weil sie in Rüstung und mit Waffen auftauchten. Tatsächlich schlotterten sie so in ihren Klamotten, dass man das Klappern vermutlich noch auf der Turmspitze hörte. Also wirklich... ich fing ja auch nicht als Held an, aber ich hatte mich wenigstens auch nicht als solchen bezeichnet. Krieger, pah.

Plötzlich schlichen sich Steinriesen an. Ja, schlichen. Man konnte sie über dem Heulen und Zähneklappern nicht hören. Ehrlich!

Puh. Das waren haarige Gegner. Leo kam da aber dazu und wir konnten die Riesen besiegen.

Yuelia war völlig aufgelöst und nahm die ganze Schuld auch sich. Als sie sich wieder verwandelte, waren die Krieger ganz aus dem Häuschen. Sie sieht genauso aus, wie die Göttinnenstatue oben auf dem Turm. Yuelia meinte, dass das Einbildung sein müsse. Die gute alte Familientradition des "Ich habe kein Geheimnis. Ehrlich nicht." Ob sie je kapieren, dass das nicht funktioniert?

Ach ja... Schuld. Also Yuelia erklärte, das sei alles ihr Fehler gewesen, weil sie Graciella zum mitkommen überredet hätte. Da hat sie sogar Recht. Ich wollte es ihr gerade sagen, als Louisa dazu kam und Yuelia als Tochter der Göttin verriet. Soviel zu "Nein nein... ich kann der Statue nicht ähneln."

Jedenfalls war Meg-Louisa mal wieder die allwissende Stimme der Vernunft. Ich frage mich, ob ich je ihr Geheimnis lüften kann.

Sie überredete Leo uns gehen zu lassen, damit wir Graciella im Turm retten. Leo kam aber mit. Er traute uns wohl nicht viel zu. Verständlich. Er kannte uns ja kaum.

Der Turm war voller Monster. Während wir uns vorbeischlichen und -kämpften, erzählte uns Leo, dass die Göttin vor langer Zeit eingesperrt wurde, um dieses Unheil zu verhindern. Zahllose Leute versuchten, sie zu retten, aber seien alle gestorben. Moment...sie versuchten jemanden zu retten, der ein uraltes Unheil verursachen sollte? Ich verstehe die Logik dahinter nicht.

Aber was tun die Leute nicht für Ruhm oder eine schöne Göttin?

Leo erklärte ausserdem, dass Dogu seit unserer Reise (also seit gestern) sehr seltsam gewesen sei. Wir wurden plötzlich durch Graciellas Kreischen unterbrochen.

Wir rannten sofort los und sahen sie vor Dogu stehen, der anscheinend ein paar Monster auf sie loslassen wollte. Böser Dogu! Ich versuchte, an ihn heranzukommen, aber wurde zurück geschleudert.

Graciella war ganz ausser sich. Sie nahm auch die Schuld auf sich und wollte sich für das Gute der Insel opfern. Da musste es doch eine andere Lösung geben. Leo stimmte mir zu, aber wir konnten Graciella nicht von ihrem Ritual abhalten und sie fiel um. Ich gebe zu, ich war geschockt.

Glücklicherweise für alle waren wir schon oben vor der Göttinnenstatue und Yuelia schrie nach ihrer Mama Mutter. Und Graciella stand wieder auf. Celestia hatte ihren Körper übernommen. Wehe, das macht jemand mit mir!

Sie murmelte etwas von "der Grund sind er und ich" und "nicht der richtige Zeitpunkt". Typisch Gottheit halt. Keine klare Antwort.

Aber wenigstens konnte sie Dogu ein wenig schwächen. Den Rest sollte ich übernehmen. Ich hätte da eine Idee. Moment. Wie bitte? Schliesslich nahm ich die Verdammnisstein-Taktik und verprügelte Dogu gründlich.

Der kam wieder zu sich. Celestia kam aus Graciellas Körper. Noelia, ihr Pelzling und seine geliebte Peachy (wann war das passiert?), Opa und Louisa kamen zu uns. Oh. Und Divinus Stimme kam auch irgendwie aus dem  Nichts.

Graciella fragte die Göttin nach dem Unheil. Diese zierte sich, genauso wie Divinus und Noelia meinte nur, das sei eh einfach nur albern gewesen.

Schliesslich nahm Dogu das Wort an sich und erklärte, dass Divinus den 3. Jahrestag seines Treffens mit Celestia vergessen hätte und Celestia daher sehr traurig und wütend gewesen sei. Sie hätte sich gewünscht, dass sie nie mehr jemanden sehen müsse. Und Dogu hatte diesen dummen Wunsch natürlich erfüllt.

Das war der Moment, wo ich mich damit beschäftigte, meinen Bogen zu polieren. Was für ein Unfug. Die Erklärung, wie diese Prophezeihung entstand, habe ich damit verpasst, aber ich bezweifle, dass das wichtig sein wird. Und wenn doch? Dann erinnert mich bestimmt jemand daran.

Jedenfalls schimpfte alles mit Divinus, der vergeblich versuchte, zu erklären, dass er den Jahrestag eben nicht vergessen, sondern sich beim Blumensammeln verirrt hätte. Wenn das nicht schon längst passiert wäre, würde ich jetzt meinen Glauben an die Macht unserer Götter verlieren. Ich hoffe nur, dass da draussen jemand ist, der wirklich weiss, was er tut.

Glücklicherweise vergab Celestia Divinus und alle verschwanden. Divinus nach Lunaria, Celestia in ihre Statue und der Rest nach Hause.

Yuelia, Noelia und ich gingen zu Meg um ihr zu erzählen, was sich so alles in ihrem Lager befindet.

Jetzt sitze ich wieder zu Hause, schlürfe ein Göttinnen-Frappé (besonders gut mit Rohrzucker) und entspanne mich.

Inzwischen habe ich die Hoffnung aufgegeben, jemals wieder meine Ruhe zu haben. Aber wenigstens hat das Heldendasein seine Entschädigungen. Das Rezept für das Frappé hätte ich niemals auf Reveria gefunden.

Gute Nacht, liebes Tagebuch.