Hallo alle miteinander
Da ich liebend gerne eigene Geschichten bzw. eher Bücher schreibe und das hier ja ein Kreativbereich ist, dachte ich mal, ich stelle einen Auszug aus meinem letzten Projekt rein. Der Auszug ist etwas länger *hust* Prolog und 1. Kapitel *hust*, aber ich hoffe, dass trotzdem der ein oder andere sich die Zeit nimmt und ihn sich al durchliest
Prolog
Es gab bei uns nicht viele Regeln, eigentlich gar keine, wenn man es genau nahm. Na gut, es gab 3:
Regel Nr. 1: Entweder du kämpfst um dein Überleben, oder du hast Pech gehabt.
Regel Nr. 2: Vertraue niemals jemanden zu 100 Prozent, es könnte sich womöglich als
schwerwiegender Fehler herausstellen.
Regel Nr. 3: Lass dir niemals ansehen, was du wirklich denkst du was du wirklich fühlst.
Jeder kannte die Regeln, aber niemand lebte sie so sehr wie ich. Darf ich mich vorstellen? Caitlyn Summers, stolze 17 Jahre alt. Meine roten glatten Locken waren so ziemlich mein Markenzeichen, wenn man mal von der makaberen Tatsache absah, dass ich so ziemlich bei jeden meine Meinung herausposaunte und mich auch nicht scheute, jemanden zu schlagen, treten, kratzen, beißen, verbrühen, ertränken, erdrosseln, enthaupten, erstechen oder um es ganz grob zu sagen, zu verletzten und/oder zu töten. Wobei ich persönlich da nicht so einen großen Unterschied sah. Ja, man sollte mich besser nicht mit Waffen allein in einem Raum lassen, das konnte unter Umständen zu ... Problemchen kommen. Jedenfalls, wenn man mich mit noch jemanden einsperrte und der mich wütend machte. Und man, konnte man mich schnell wütend machen.
Das war zwar nicht unbedingt ein Merkmal unserer Rasse, aber irgendwie ... ich weiß auch nicht. Ich war nun mal ein sehr direkter Mensch, der nie groß nachdachte und eben seinen Gefühlen freien Lauf ließ. War das etwa so schlecht?
Apropos Rasse, generell waren wir eher auf Kämpfe ausgelegt. Das lag allerdings daran, dass sich unser Volk dazu verpflichtet hatte (vor Jahrtausenden, wie ich anmerken darf), die Menschheit zu beschützen. Vor was? Na vor den dunklen Mächten und den bösen Kreaturen, vor was denn sonst? Vor Wollmäusen und flauschigen Kaninchen oder was?! Okay, Caitlyn, tief durchatmen, du willst hier immerhin etwas ganz nett erklären und nicht gleich von Anfang an als durchgeknallte, aggressive Psychopathin abgestempelt werden. So, wo war ich gerade ... Aja, die Aufgabe unseres Volkes!
Wie bereits erwähnt, beschützte unser Volk, die Mainuri, seit Jahrtausenden die Menschheit vor so ziemlich allen gefahren, die es irgendwie nur gab. Dämonen, Vampire, Wächter der Unterwelt, das volle Programm eben. Dafür sorgten sie dafür, dass wir uns unbemerkt auf der Welt bewegen konnten, denn Mainuri hatten nicht gerade wenig Feinde. Die Tatsache, dass wir zum Verwechseln ähnlich den Menschen glichen, erleichterte die Tarnung im jeglichen Sinne erheblich. Das einzigste, was uns von ihnen unterschied, waren unsere schärferen, besseren Reflexe, unsere etwas höher angesetzte Körpergröße (selbst die Mädchen bei uns waren selten kleiner als 1,75cm), teils ganz andere Augenfarben (amethystfarben wie bei mir war zum Beispiel selten, aber dennoch möglich, genauso wie lila, gelb, rot, orange, die volle Palette eben) und unser angeborenes Kampfpotential. Denn die Mainuri waren ein Kämpfervolk.
Sie waren es schon immer gewesen.
Nicht zum Angriff oder so, nein, sondern zur Verteidigung, was uns zu ausgezeichneten Beschützern der Menschen machte. Auch wenn man dieses „Beschützerding“ erst mal in speziellen Akademien lernen musste. Ich glaube, ich muss nicht extra erwähnen, dass ich selbstverständlich bei mir an der Schule ein Naturtalent war. Aber bevor ich zuviel prahle und angebe (mache ich fast genauso gerne, wie jemanden ein Messer in den Rücken zu rammen), belasse ich es zunächst einmal mit meinen Erzählungen und hol mir einen leckeren Apfel.
1. Kapitel
Es war ein ganz normaler Morgen in New York City und niemand würde das große, majestetische Gebäude, was so sehr an die alten Stadtvillen im viktorianischen Stil zu Gründerväterzeiten erinnerte, als eine Ausbildungsstelle für potentielle Mörder verdächtigen. Na gut, das mit dem potentiellen Mörder war vielleicht ein bisschen übertrieben ausgedrückt, aber sollte es einmal zu der Situation kommen, Monster oder ich, tendiere ich definitiv zu „ich“ (als ob ich auch so bescheuert wäre und mich niedermetzeln lassen würde)!
Jedenfalls, wie gar nicht anders zu erwarten, war ich eine der Besten in meinem Jahrgang, was womöglich auch an meiner Vorgeschichte liegen könnte, wenn man meiner bedenklich langen Akte Glauben schenken mag. Bereits im Alter von drei Jahren (damals war ich gerade erst im Kindergarten, möchte ich mal kurz anmerken) hatte ich bereits einem Jungen eine Schere in die Hand gerammt, sodass er für mehrere Wochen ins Krankenhaus musste. Ich möchte dazu sagen, dass ich einen sehr guten Grund gehabt hatte. Dieser Vollidiot hatte sich über meine selbstgemalte Blume lustig gemacht und so etwas konnte ich einfach nicht auf mir sitzen lassen! Aber egal, hat ja keinen Zweck, sich wegen Kleinigkeiten aufzuregen. Jedenfalls, wo war ich stehen geblieben? Ach ja, meine ach so tolle Akte! Ja, auf jeden Fall, mal abgesehen von dem kleinen Vorfall im Kindergarten folgten diverse Ausflüge anderer in die Krankenhäuser der Stadt, blaue Augen und der ein oder andere landete beim Psychologen. Ich glaube, einen habe ich sogar mal (ausversehen!) unfruchtbar gemacht, aber so richtig sicher bin ich mir dabei auch nicht. Er hatte kurz, nachdem ich ihn auf höchst unmädchenhaf-te Weise in seine empfindliche Zone getreten hatte, die Stadt, wenn nicht sogar den Bundes-staat verlassen und seitdem habe ich nie wieder was von ihm gehört. Schade, eigentlich war ich damals noch nicht fertig gewesen, aber er musste ja auch umkippen. Angeber.
Aber auch so schlimm das gerade klingen mag, eigentlich war ich ja nett und freundlich, bloß wenn mich irgendjemand provozierte, sah ich rot. Schlauerweise wussten das alle in meinem Jahrgang und legten es deswegen auch nicht darauf an. Als ob sie in einem Zweikampf gegen mich eine Chance gehabt hätte.
Das wusste auch mein derzeitiger Kampfpartner, Andrew, nur gut genug, und dennoch kämpfte er an diesem Morgen in der Übungsstunde verbissen gegen mich. Der Tapfere! Als er für wenige Sekunden mit dem Gleichgewicht zu kämpfen hatte, schmiss ich in blitzschnell auf den Boden und berührte mit den stumpfen Übungsdolch die Stelle, wo sich sein Herz befand. Ich lächelte wie die Unschuld in Person.
„Du bist dann wohl tot, Andrew“, sagte ich in meinem typisch überspitzten Singgesang.
Er warf mir einen bitterbösen Blick zu, der wohl mich getötet hätte, wenn es möglich gewesen wäre. Aber da ich mich von solchen Kleinigkeiten nicht beeindrucken ließ, stand ich einfach auf, zupfte meine Trainingsklamotten, sehr figurbetonte schwarz Jogginghosen und ein T-Shirt mit dem Wappen unserer Akademie, dass mit dem kirschroten Faden besonders hervorstach, zurecht und spielte lässig mit dem Messer herum.
„Vielleicht solltest du das noch ein wenig üben, sonst machen die Monster da draußen mit Leichtigkeit platt“, schlug ich gut gelaunt vor.
Andrew richtete sich mit zusammengepressten Lippen auf und fuhr sich mit seine rechten Hand durch seine kurzen, bronzefarbenen Haare. Seine dunkelgrünen Augen funkelten einen schieren Hass aus. Das war so ziemlich das größte Kompliment, was er mir machen konnte. Bevor er seine Mordgedanken noch in die Tat umsetzen konnte (was ich so jedem zutraute, konnte aber auch an meiner eigenen praktisch orientierten Einstellung liegen, wer weiß) warf ich ihm eine Kusshand zu und joggte zu unserem Trainer. Nate war so ziemlich der stärkste Mainuri, den ich an dieser Schule kennen gelernt habe, hatte extrem kurzes, rabenschwarzes Haar und seine stahlgrauen Augen strahlten eine solche Autorität aus, dass selbst ich mir meine dummen Kommentare verkniff. Meistens jedenfalls.
Er sah kurz auf, als ich auf ihn zugejoggt kam, und kritzelte irgendetwas auf seinem Klemmbrett herum, dass er immer mit sich trug. Bestimmt, wie außerordentlich fabelhaft ich Andrew niedergemacht hatte. Hach, wie gerne würde ich mir für diese Leistung auf die Schulter klopfen, aber ich wollte ja bei Nate punkten. Denn, Trainer/Lehrer hin oder her, dieser Typ war mit seinen 24 Jahren trotz Armeelook heiß, extrem heiß sogar. So heiß, dass so ziemlich jedes weibliche Wesen unter den Schülern auf ihn stand, meine Wenigkeit eingeschlossen.
Kokett lächelte ich ihn an und war mir meinem Charme, den ich momentan versprühte, durchaus bewusst. Tja, ich wusste was ich wollte, oder besser gesagt, wen ich wollte. Wenige Zentimeter vor ihm blieb ich stehen und machte einen auf kleines-unschudliges-und-mega-süßes-Mädchen, dass ich wirklich nur brachte, wenn ein Typ heißer als die Sonne war.
„Ich bin, glaub ich, fertig mit dem Training, Nate“, sagte ich mit einem Tonfall, der mich jedes Mal an flüssigen Zucker erinnerte.
Oder so, denn meine Mutter hatte das irgendwann mal gesagt, bevor ich sie in einem meiner frühjugendlichen Tobsuchtanfälle beinahe verbrannt hatte. Seitdem redet sie kaum noch mit mir und wenn sie es tat, war sie meist nicht sonderlich freundlich dabei. Aber damit konnte ich leben.
Nate jedenfalls grinste und musterte mich kurz, aber eingehend, und ich konnte förmlich sehen, dass er auf mich genauso abfuhr wie ich auf ihn. Wie lange würde er der Versuchung noch widerstehen können, bis er mit mir in einer der recht praktischen Besenkammern landete, die ich so gerne für bestimmte Anlässe missbrauchte? Dem Blick in seinen Augen zu urteilen nicht sonderlich lange mehr. Hach, wie sehr ich mich jetzt schon darauf freute, vor allem, wenn ich dann wunderbar vor den anderen angeben konnte, dass ich mit Nate –
„Caitlyn, hörst du mir eigentlich zu?“, fragte Nate amüsiert und gab eines seiner süßesten Grinsen zum Besten.
Oh Mist, ich bin wieder mal in Gedanken versunken gewesen! Egal, wird schon nicht sooo sehr aufgefallen sein ... hoffe ich jedenfalls.
„Ja klar, was denkst du denn?“, fragte ich grinsend und zog meinen Zopf zurecht.
„Dann sei doch mal so freundlich und wiederhole noch mal das, was ich gerade gesagt habe“, forderte er mich mit einem spöttischen Grinsen heraus.
„Nichts leichter als das!“, antwortete ich enthusiastisch, stockte allerdings wenige Sekunden später.
Aber weshalb war ich den so ein gewaltiges Improvisationstalent, wenn ich mir das nicht zu nutzen machte?
„Du hast gesagt, ähm, dass ich so toll beim Training heute war, dass ich eher aufhören und mir einen schönen Tag machen darf, stimmt’s?“
Ich lächelte so süß wie nur irgendwie möglich und ich schwöre, Nate stand kurz davor, mir recht zu geben, auch wenn ich höchstwahrscheinlich meilenweit danebenlag!
„Netter Traum Summers, aber leider falsch“, meinte er mit einem Grinsen, dass mittlerweile von einem Ohr zum anderen reichte.
Wobei mir auffiel, dass er echt knuffige Ohren hatte. Wieso fiel mir das jetzt erst auf?
Ich spielte mit meinen roten seidigen Locken herum und hielt mein Lächeln aufrecht. Dass es sich Nate tatsächlich mitten im Unterricht traute, meine Flirtversuche zu erwidern, glich einem Selbstmordkommandos. Für mich, denn die Konkurrenz war groß und bei uns machte niemand halt, seine Meinung durch Taten kundzutun. Ich erinnerte mich zum Beispiel nur ungern an die Axt, die eines Tages in meinem Spind steckte, nachdem mich Nate wenige Stunden zuvor zu einem Café eingeladen hatte, weil ich im Training besonders gut war. Womöglich musste ich mir so langsam mal eine kugelsichere Weste zulegen, nur für den Fall der Fälle ...
„Schade, aber einen Versuch war es wert“, sagte ich leichthin und ignorierte das Gezische hinter meinen Rücken, dass definitiv von Tiffany, Amber und Co. stammte. Ebenfalls alles Mädchen, die Nate heiß fanden und sich nicht davor scheuten, den einen oder anderen kleinen „Unfall“ auszulösen.
Nate schüttelte grinsend den Kopf und seine perlweißen Zähne blitzen. Gab es irgendetwas an den Typen, dass nicht perfekt war?
„Ich sagte, dass –“
„Bolt, kommen Sie, sofort!“, befahl plötzlich eine kratzige Stimme, die so laut wie grölender Donner durch die Halle drang.
Ich schaute auf und sah direkt in Direktor Steve Melones kantiges Gesicht, dass wie immer bis zum Zerreisen gespannt war. War unser allseits „geliebter“ Direktor eigentlich jemals entspannt? Ich hatte ihn in meinen ganzen zehn Jahren an der Akademie nur als tickende Zeitbombe erlebt, das konnte doch kein Mainuri auf Dauer durchhalten!
Auch Nate schaute auf und stellte sich straff hin. Unauffällig bewunderte ich aus den Augenwinkeln seinen durchtrainierten Körper ... Caitlyn, nicht vor dem Direktor, das ist so ziemlich einer der unpassendsten Momente überhaupt!
Während ich mit meinen schmutzigen Gedanken beschäftigt war, ging Nate ohne zu zögern zu Melone und obwohl dieser die Statur einer Bohnenstange hatte (wirklich, selbst ich hatte mehr Muskeln und war trotz täglichem Training nicht wirklich muskulös), hatte sich innerhalb weniger Sekunden ein leerer Kreis um ihn herum gebildet. Der gefürchtete Direktor, welch eine Ironie und mir verhasstes Klischee.
„Was gibt es, Direktor?“, fragte Nate unterwürfig.
Und sofort verlor er einige Punkte auf meiner Coolheitsliste. Sich nicht mit dem Direx anzulegen, war ja selbstverständlich, immerhin war Nates Vorgesetzter, aber Arschkriecherei konnte ich beim besten Willen nicht ausstehen. Da konnte noch heißer als die Sonne sein, aber das ging nun mal gar nicht. Ich müsste mir wohl doch noch mal überlegen, ob ich es wirklich mit Nate haben wollte.
„Ich weiß es nicht, Bolt, ich weiß nicht, was es gibt. Aber bestimmt keine Zuschüsse für die Schule, darauf können Sie Gift nehmen!“, polterte Melone.
Ich zuckte leicht zusammen. Autsch, Standpaukenalarm!
Nate wurde aschfahl im Gesicht, schluckte schwer, doch er hielt trotzdem die Fassade des ruhigen, unberührbaren Trainers aufrecht. Und plötzlich waren die Punkte wieder da und ich war mehr als zuvor interessiert an ihm. Ach ja, ich und die heißen Vertreter der Männerwelt, irgendwie waren wir unzertrennlich! Ich für meinen Teil jedenfalls hatte nichts dagegen und die anderen schienen sich bis jetzt auch nicht zu beschweren. Wenn man mal von meinen eifersüchtigen Konkurrentinnen absah, die mich tot sehen wollten, aber für die interessierte sich sowieso niemand, von daher waren mir diese kleinen Prinzessinnen vollkommen egal.
„Sie hatten die Aufgabe gehabt, den neuen Schüler vor einer halben Stunde zu empfangen und in der Schule herumzuführen und wissen Sie, was stattdessen passier war? Der Sohn der wohl einflussreichsten Mainuri des gesamten Staates, die zukünftig für die Schließung unserer Einrichtung sorgen könnten, tauchte bei mir vor zehn Minuten allein auf, ohne eine Lehrkraft jeglicher Art! WAS HABEN SIE SICH DABEI GEDACHT?“
Doppelautsch! Das würde üble Konsequenzen für Nate haben, das wusste ich jetzt schon. Schade, würde ich wohl erst mal eine Weile warten müssen, ehe ich wieder mit ihm flirten konnte. Und was sollte ich in der Zwischenzeit machen?! Maaaan, das würde ätzend werden.
„Verzeihen Sie mir bitte, Direktor Melone. Ich habe wohl bei dem Training mit meinen Schülern komplett die Zeit vergessen und somit meinen Verpflichtungen nicht nachkommen können. Es wird nicht noch einmal vorkommen, ich verspreche es Ihnen bei meiner Ehre als Mainuri“, schwur Nate in einem ernsten Tonfall.
Und wie ein Ritter in edler Rüstung konnte er auch noch klingen! Beinahe hätte ich wie kleines Mädchen vor Freude gequietscht. Caity, aus!
Allerdings war Melone weniger begeistert als ich, wenn man nicht sogar von dem kompletten Gegenteil sprechen konnte. Er lief so rot wie eine überreife Tomate an, zitterte vor schierer Wut und wäre wohl explodiert, wenn nicht Miss Cook die Sporthalle betreten hätte.
„Direktor Melone, die Eltern des Jungen sind eingetroffen. Es wird nach Ihnen verlang, Sir“, sagte sie freundlich mit ihrer melodiösen Stimme, die niemals ärgerlich klang.
Sie war wirklich das krasse Gegenteil von Melone, fiel mir zum bestimmt hundersten Mal auf. Dieser immerhin riss sich zusammen, schluckte seine ungeheure Wut auf Nate herunter und sah innerhalb von drei Sekunden wieder wie ein zivilisierter Mensch und nicht wie das Ungeheuer, was er eigentlich war, aus. Respekt, Herr Direktor! Darf ich jetzt so unverschämt sein und ein sarkastisch gemeintes Klatschen nur Ihnen zu Ehren darbieten? Nein? Ach, wie Schade!
„Ich komme... Für Sie wird das noch ein Nachspiel haben, Bolt, verlassen Sie sich darauf! Und kommen Sie jetzt, ihre Klasse ist für heute fertig“, sagte er verstimmt und für eine Sekunde dachte, er funkelte mich wütend an, doch so schnell der Eindruck kam, verflog er auch schon wieder.
Trotzdem blieb ich misstrauisch und überlegte fieberhaft, was ich angestellt haben könnte. Hatte der alte Kauz etwa tatsächlich mitbekommen, wie ich seit Monaten mit Nate flirtete? Aber warum sollte er dann ausgerechnet auf mich sauer sein? Immerhin tat es mir so ziemlich jedes Mädchen gleich, selbst die aus den Jahrgängen unter mir. Komisch ...
„Selbstverständlich, Sir!“
Die Erwachsenen verließen ohne auch nur noch ein einziges Wort an uns Schüler zu verschwenden, die Sporthalle und dann war es erst mal totenstill im Raum. Ich konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen.
„Tja, schein wohl so, als hätten wir eine Freistunde!“, meinte ich gut gelaunt und war drauf und dran, Richtung Umkleide zu gehen, doch ich wurde aufgehalten. Wie immer, seufz.
„War ja klar, dass sich das größte Miststück der gesamten Akademie darüber freuen würde“, zischte Amber und taxierte mich einem Blick, der den von Melone bei weitem übertraf.
Ich drehte mich zu der dummen Kuh um und stemmte die Hände in die Hüften, lächelte sie allerdings immer noch an. Mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen.
„Nur weil du eifersüchtig bist, weil Nate mich scharf findet, ist das noch lange kein Grund, beleidigend zu werden, Süße“, sagte ich übertrieben freundlich.
Bitchfight!
„Eifersüchtig? Auf eine Schlampe wie dich? Das ich nicht lache!“
Sie strich ihre platinblonden Haare, die ihr bis zu ihrem Po reichten, mit einem süffisanten Lacher nach hinten und ihre bernsteinbraunen Augen musterten mich amüsiert.
Ich grinste bedrohlich zurück.
„Weißt du, zu viel Leugnen beweist die Wahrheit, dass ist dir schon klar mit deinen ganzen zwei Gehirnzellen, oder?“
„Jetzt wirst du aber beleidigend, Schlampe“.
Nur allein wegen ihrem bescheuerten Grinsen hätte ich ihr ins Gesicht schlagen können, aber ich riss mich zusammen. Mit Worten konnte ich sie mehr verletzen, das wusste ich aus Erfahrung. Und umso mehr Schmerz ich dieser verwöhnten Tusse zufügen konnte, desto besser!
„Wer wirft denn hier mit Wörtern wie ‚Schlampe’ um sich? Du oder ich? Aber da ich ja weiß, wie schwer dir das Denken fällt, ziehe ich die Frage besser zurück, ich will dich ja nicht überanstrengen“.
Triumphierend zwinkerte ich ihr zu, was bei ihr das Fass zum überlaufen brachte. Ihr Lächeln erstarb und machte einer zornigen, verzerrten Fratze Platz, die kleine Kinder garantiert zum Weinen bringen würde. Das war noch besser als Weihnachten und Geburtstag zusammen!
„Du kleines, dreckiges, wertloses Miststück! Das wirst du bereuen!“
Mit einem Satz ging sie auf mich los, ihre perfekt manikürten Fingernägel waren wie rasiermesserscharfe Krallen auf mich gerichtet, doch ich sah ihren Angriff kommen und wich mit einer eleganten Drehung geschickt aus. Sie schrie auf und versuchte mich, am Handgelenk zu packen, doch auch jetzt war ich wieder schneller, duckte mich unter ihr weg und brachte sie mit einem gut platzierten Tritt zu Boden. Wie ein erbärmliches Häufchen Elend rollte sie sich vor Schmerz zusammen und bekam sicherlich nicht mal mit, wie ich mich über sie aufrichtete und sie wie die Dämonin der Nacht angrinste. Bedrohlich, gefährlich, unbesiegbar.
„Das nächste Mal, wenn du dich mit mir anlegen willst, solltest du es dir besser drei Mal überlegen. Das nächste Mal bin ich vielleicht nicht mehr so gnädig“, sagte ich in einem ruhigen Tonfall, der allen umstehenden einen eiskalten Schauer den Rücken runterlaufen ließ.
Umso ruhiger ich wurde, desto gefährlicher wurde ich. Das wusste jeder und hütete sich deshalb, wenn es tatsächlich mal zu dem Fall kam, dass ich nicht das Großmaul wie sonst war. Auch Amber realisierte, dass sie mit ihrem hübschen Köpfchen zur Hälfte schon in der Schlinge steckte und funkelte mich, anstatt etwas zu erwidern, mit purem Hass an. Ich konnte ihre Mordgedanken förmlich schreien hören, doch das schreckte mich nicht im Geringsten ab. Als ich merkte, dass sie sich ergeben hatte, lächelte ich zufrieden, drehte mich um und verließ die Sporthalle. Auf meinem Weg nach draußen machten alle vor mir Platz, aus Angst, ich könnte ihnen den Hals umdrehen. Langsam müssten sie doch wissen, dass ich jemanden nur aus gutem Grund verletzte. Na ja, mir sollte es recht sein, kein Gedrängel bei den Ausgängen, immerhin etwas. In der Umkleide angekommen, zog ich meine Sportsachen aus und wechselte sie gegen meine gewöhnlichen Klamotten, perfekt anliegendes T-Shirt, enge Jeans und gewöhnliche Turnschuhe. Ich löste meinen Zopf und meine wunderschönen roten Haare fielen wie ein Traum aus roter, gelockter Seide bis zu meiner Taille. Ich war nicht eingebildet oder so, aber wenn ich es etwas wirklich an mir liebte, dann waren es meine Haare. Wenn sie jemand auch nur ungefragt anfasste, zögerte ich nicht, ihm umgehend die Hand abzuschlagen! Fertig umgezogen, packte ich meine Sachen in meine Sporttasche und runzelte die Stirn, als ein kleiner weißer Zettel zu Boden fiel. Neugierig hob ich ihn auf und las ihn mir aufmerksam durch, wobei sich ein breites, siegessicheres Grinsen auf meinem Gesicht ausbreitete. Sorgfältig faltete ich ihn zusammen, verstaute ihn blicksicher in meiner Tasche und verließ weniger Minuten später das Sportgelände mit der wohl besten Laune, die ein Mädchen wie ich nur überhaupt haben konnte.
Wie gesagt, ein etwas längerer Auszug, aber ich hoffe, er hat euch trotzdem gefallen ^^ Über Kommentare, konstruktive Kritik und Co. würde ich mich natürlich freuen ;)Und nochmals vielen lieben Dank, dass ihr eure kostbare Zeit für mich investiert habt
Lg sunshine